Der Schrei des Schmetterlings by Frank Göhre

Der Schrei des Schmetterlings by Frank Göhre

Autor:Frank Göhre [Göhre, Frank]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2017-01-08T23:00:00+00:00


Sie schloss auf und ging voran. Broszinski folgte ihr, ließ hinter sich die Tür ins Schloss fallen.

Der Holzboden des Flurs war hellgrau gestrichen. Ein Fahrrad lehnte an einer Wand. An der anderen waren Film-Plakate: Manhattan, Carmen, Desperado City.

Birte war in die Küche gegangen und hatte den Kühlschrank geöffnet. Sie bückte sich. Unter dem engen Rock zeichnete sich ihr Slip ab.

Broszinski klopfte eine Zigarette aus der Packung und drehte sie unschlüssig zwischen den Fingern.

Birte trank einen Schluck aus der Flasche und hielt sie ihm dann hin.

»Nein«, sagte Broszinski. »Danke.«

Er zog sein Feuerzeug hervor und brannte die Zigarette an. Birte stellte die Flasche ab.

Ohne ein Wort zu sagen, ging sie auf Broszinski zu und nahm ihm die Zigarette aus dem Mund.

Sie sahen sich lange an.

Birte drückte die Zigarette aus.

»Müssen wir jetzt reden?«, fragte sie.

»Nein«, sagte er.

Sie nickte und ging voran.

In dem Zimmer nebenan war das Fenster weit geöffnet, und die Sonne schien herein. Das Bett war breit und die Decke war zurückgeworfen. Birte zog sie herunter und glättete das Laken.

Als sie sich zu Broszinski umdrehte und ihre Bluse aufknöpfen wollte, hielt er ihre Hand fest.

Sie küssten sich.

Später lagen sie nebeneinander.

Er hatte die Arme im Nacken verschränkt und starrte an die Decke.

»Woran denkst du?«, fragte sie.

»An das, was geschehen ist.«

»Mit uns?«

»Auch daran.«

»Tut es dir jetzt leid?«

»Nein«, sagte er. »Aber es ist das erste Mal, dass ich in so einer Situation bin.«

»In deinem Alter?«, lachte sie und schmiegte sich an ihn. »Nein, das war blöd. Ich weiß, was du meinst. Warum fängst du nicht einfach an?«

Er löste die Arme und begann, ihr Haar zu streicheln, ihre Schultern, den Rücken.

Sie schloss die Augen.

Unten von der Straße her drangen die Geräusche vorbeifahrender Wagen herauf. Fahrradklingeln. Stimmen.

Es roch nach gebratenem Hackfleisch und Knoblauch. Er streichelte weiter ihren Körper und schwieg.

Schließlich stemmte er sich hoch, und sie schaute fragend zu ihm empor.

Er bedeutete ihr, sich bäuchlings auszustrecken, und sie tat es.

Er nahm sie härter als zuvor, und sie schrie einige Male auf. Danach fiel es ihm leichter, sie zu fragen.

Sie hatten sich angezogen und waren in das vordere Zimmer gegangen.

Broszinski rauchte.

Birte saß an ihrem Schreibtisch und hielt einen Stapel gelber Blätter in der Hand.

Sie zögerte noch immer, sie ihm zu geben.

»Der Rest betrifft allein mich«, sagte sie.

»Warum bist du damit nicht zu uns gekommen?«, fragte Broszinski.

»Ich habe versucht, Lucile aufzuspüren.«

»Du bist wahnsinnig! Was soll das?! Du hättest dich sofort bei uns melden müssen! Dafür sind wir da.«

»Das war doch erst gestern«, wandte sie ein. »Prätsch hat gestern Mittag erst gesagt, dass Lucile nicht mehr kommen wird.«

»Gestern, ja, gestern! Und was war am Montag? Da ist sie doch auch nicht zur Schicht erschienen.«

»Ich nahm an, dass sie für die Agentur unterwegs war«, sagte Birte. »Woher sollte ich denn wissen, dass ihr bei ihr gewesen seid und überhaupt, ich ...«

»Gut«, sagte Broszinski. »Gut, schon gut. Okay, gehen wir das noch einmal von Anfang an durch.«

Birte war abrupt aufgestanden und reichte ihm die Blätter. Er sah sie irritiert an.

»Ich habe keine Lust mehr«, sagte sie.

»Was heißt das?«

»Mir wird das alles zu viel.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.